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Periimplantitis bei All on 4: Wenn das Zahnimplantat entzündet ist
22. April 2022Periimplantitis bei All on 4 – was ist das? Dank All on 4 Implantaten können viele Menschen, die vorher unter Zahnlosigkeit litten, endlich wieder richtig strahlen und fest zubeißen! Doch genau wie bei echten Zähnen ist auch bei dieser Form des Zahnersatzes die gründliche Mundhygiene ein Muss. Ansonsten können sich Speisereste festsetzen und es entsteht eine sogenannte Periimplantitis – eine Entzündung rund ums Implantat.
Wir erklären Ihnen hier alles über Symptome, Ursachen, Behandlung und Vorbeugung einer Periimplantitis bei All on 4 – damit sie Ihr Leben lang Freude mit Ihren neuen Zähnen haben!
Periimplantitis – was bedeutet der Begriff?
Wenn Sie bereits einen All on 4 Zahnersatz im Mund haben oder darüber nachdenken, sich damit versorgen zu lassen, dann ist die Volkskrankheit „Parodontitis“ bestimmt kein Fremdwort für Sie. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit haben Sie ihre eigenen, natürlichen Zähne an diese Krankheit verloren – Parodontitis gehört nämlich mit zu den häufigsten Ursachen für Zahnverlust.
Bei Parodontitis handelt es sich um eine Entzündung des Zahnbetts bzw. des Zahnhalteapparats. Bakterien sammeln sich dabei rund um die Zähne im Zahnfleisch an und lösen Entzündungen aus. In der Folge löst sich das Zahnfleisch von den Zähnen ab und es bilden sich sogenannte Taschen. Hier finden die Bakterien optimale Bedingungen, um sich weiter zu vermehren.
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Nun sagen Sie vielleicht: Okay, dann putze ich die Bakterien einfach weg. Ja, das funktioniert auch bis zu einem gewissen Grad. Aber wenn Sie vorher die Mundhygiene zu lange haben schleifen lassen, dann geht das irgendwann nicht mehr. Die Zahnfleischtaschen werden zu tief, die Bakterienkultur wächst und selbst der Kieferknochen baut sich immer weiter ab.
Das führt zur Lockerung des Zahns – und schließlich zum Zahnverlust.
Genau dasselbe kann auch beim Implantat passieren. Das heißt, auch hier findet eine Keimbesiedelung statt, Zahnfleisch und Kieferknochen werden angegriffen und es bilden sich Taschen. In diesem Fall nur zwischen dem Implantat und dem Zahnfleisch. Statt von Parodontitis spricht man im Fachjargon von „Periimplantitis“. Das bedeutet wörtlich übersetzt einfach nur: „Entzündung rund ums Implantat.“
Das passiert bei einer Periimplantitis
Zu Anfang betrifft diese Entzündung erstmal nur das Weichgewebe, also das Zahnfleisch rund ums Implantat. Das nennt man auch „Mukositis“. Diese kann bei entsprechender Behandlung ohne weitere Schäden wieder abklingen.
Wird die Mukositis jedoch nicht behandelt, breitet sich die Entzündung weiter aus und greift auch auf den Kieferknochen über. Dann spricht man von einer Periimplantitis. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das betroffene Implantat keinen Halt mehr findet und ausfällt.
Dieser Knochenabbau wird dabei nicht durch die Bakterien selbst verursacht, sondern ist sozusagen ein Kollateralschaden der eigenen Immunabwehr. Diese versucht nämlich gegen die Bakterien vorzugehen, wodurch es zu dem Knochenabbau kommt.
Ein Implantat kann sich dagegen sogar noch weniger wehren als ein natürlicher Zahn. Schließlich besteht es nur aus Titan oder Keramik und besitzt somit – anders als ein echter Zahn – keine natürlichen Abwehrkräfte. Die ganze Immunabwehr muss somit „von außen“ kommen. Hinzu kommt, dass das Implantat eine raue Oberfläche hat, auf der sich Bakterien viel einfacher ansiedeln können.
Natürlich sind auch die Implantate bei einer All on 4 Behandlung nicht vor einer Periimplantitis geschützt. Bevor wir mit den Ursachen dieser Erkrankung weitermachen, schauen wir uns erst einmal an, was einen All on 4 Zahnersatz so besonders macht:
All on 4
All on 4 ist eine spezielle Form des Zahnersatzes, die nur bei einem komplett zahnlosen Kiefer zum Einsatz kommen kann. Diese Behandlung ermöglicht sofort festsitzenden Zahnersatz auf nur vier bzw. sechs Implantaten und das meistens in einer einzigen Sitzung. Deshalb nennt man es auch „sofort feste Zähne“ oder „feste Zähne an einem Tag“.
Kleiner Fun-Fact am Rande: Obwohl sich All on 4 als Begriff durchgesetzt hat, handelt es sich dabei eigentlich um einen Markennamen, genau wie bei „Tempo“ oder „Tesa“.
Der Vorteil bei der All on 4 Behandlung ist, dass der gesamte Zahnbogen auf nur 4 bzw. 6 Implantaten befestigt wird. Warum 4 oder 6? Nun, das hängt mit der Struktur des Kieferknochens zusammen. Der Knochen im Unterkiefer ist etwas stärker und dichter. Hier reichen 4 Implantate für einen stabilen Halt des Zahnersatzes aus. Der Knochen im Oberkiefer ist dagegen etwas poröser, hier braucht man 6 Implantate, damit die Suprakonstruktion schön fest sitzt.
Das Besondere bei der All on 4 Methode ist die schräge Winkelung der hinteren Implantate („Angulierung“) und die Verblockung der Implantate untereinander. Das bedeutet, die Implantate werden über Stege miteinander verbunden und geben sich gegenseitig Halt.
Auf diese Weise erreichen die Implantate eine sehr hohe Primärstabilität. Sie müssen nicht monatelang warten, bis die Implantate eingeheilt sind, sondern können den Behandlungsstuhl direkt mit einem provisorischen Zahnersatz verlassen. Dieser Zahnersatz ist in vielen Fällen sofort belastbar. Nach der Einheilphase tauscht man diesen dann gegen den endgültigen Zahnersatz aus. Sie sind also zu keinem Zeitpunkt ohne Zähne.
Vorteile der All on 4 Methode
Gegenüber herkömmlichen Implantaten hat das All on 4 System entscheidende Vorteile für Sie:
- Sie erhalten sofort festsitzenden Zahnersatz ohne monatelange Wartezeit
- Die Behandlungsdauer ist kürzer und Sie verbringen weniger Zeit im Behandlungsstuhl
- Weniger Implantate notwendig – das spart Kosten!
- Durch die Angulierung der Implantate kann oft eine Knochenaufbau-OP vermieden werden
- Natürliches Mundgefühl und hohe Ästhetik des Zahnersatzes
Hier können Sie mehr über All on 4 Zahnersatz erfahren.
Doch man darf nicht unter den Tisch fallen lassen, dass die Methode einen „Nachteil“ hat: und zwar die Reinigung. Da der All on 4 Zahnersatz festsitzend ist, kann er zur Reinigung nicht herausgenommen werden. Sie müssen die Mundhygiene also mindestens so gründlich betreiben wie bei Ihren eigenen Zähnen. Ansonsten kann es nämlich passieren, dass sich Speisereste festsetzen, entzünden … und da sind wir wieder bei den Ursachen der Periimplantitis.
Ursachen von Periimplantitis bei All on 4
Wie bereits angedeutet, entsteht Periimplantitis vor allem durch eine mangelnde Mundhygiene. Wenn Sie zu selten oder nicht gründlich genug Ihre Zähne putzen, setzen sich die Bakterien fest.
Nun fragen Sie sich vielleicht: Moment mal, mein Zahnersatz ist doch aus Kunststoff oder Keramik, wie sollen sich da Bakterien festsetzen? Damit haben Sie natürlich recht. Aber die Entzündung betrifft ja auch nicht die Zähne selbst, sondern zuerst das Zahnfleisch und später den Kieferknochen.
Dabei ist besonders entscheidend der kleine Spalt zwischen der Zahnfleischmaske der Prothese und ihrem eigenen Zahnfleisch. Hier können sich nämlich gerne mal Speisereste ansammeln und so die Vermehrung von Bakterien begünstigen.
Neben einer mangelhaften Mundhygiene können aber auch andere Faktoren das Risiko für eine Periimplantitis erhöhen:
- Rauchen
- Diabetes
- Osteoporose
- Bestimmte Medikamente, z.B. Immunsuppresiva
- Dauerstress oder hormonelle Veränderungen
Doch woran erkennen Sie, ob sich bei Ihnen eine Periimplantitis anbahnt?
Symptome einer Periimplantitis
Eine Periimplantitis selbst zu erkennen, ist gerade im Anfangsstadium sehr schwierig, genau wie auch bei Parodontitis. Es entstehen zunächst keine Schmerzen, erst im fortschreitenden Stadium werden die Symptome so schwerwiegend, dass sie auch vom Laien erkannt werden können – und dann ist es oft schon zu spät.
- Frühe Warnzeichen sind gerötetes und druckempfindliches Zahnfleisch. Etwas später kann auch Zahnfleischbluten oder starker Mundgeruch auftreten.
- Schreitet die Erkrankung fort, kommen Schmerzen und ein sichtbarer Rückgang des Zahnfleischs rund um das Implantat hinzu. Auch der Kieferknochen selbst kann schmerzen.
- Ohne Behandlung wird sich die Entzündung immer weiter ausbreiten, bis sich das Implantat lockert und letztendlich ausfällt
Gerade weil die Symptome lange unspezifisch bleiben und erst klar zu erkennen sind, wenn die Entzündung sich schon in einem fortgeschrittenen Stadium befindet, sind nach der Implantation und dem Einsetzen des All on 4 Zahnersatzes regelmäßige Kontrollen bei dem Zahnarzt oder der Zahnärztin von großer Bedeutung.
Diagnose
Wenn Sie regelmäßig zu Ihren Kontrollterminen gehen, kann der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin frühzeitig erkennen, ob sich bei Ihnen eine Periimplantitis anbahnt.
Dazu wird zum Beispiel der sogenannte „BOP“-Test durchgeführt. BOP steht für „Bleeding on Probing“ also „Bluten auf Sondieren“. Mit einer Sonde wird dabei das Zahnfleisch untersucht und geprüft, ob es zu bluten anfängt. Auf diese Weise wird die Empfindlichkeit des Zahnfleisches gemessen. Eine Blutung weist auf eine Periimplantitis hin.
Bei fortgeschrittener Periimplantitis wird der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin die Tiefe der Zahnfleischtaschen messen. Auch Röntgenbilder können zum Einsatz kommen, um den Kieferknochen zu untersuchen und ggf. vorhandenen Knochenrückgang festzustellen.
Behandlung von Periimplantitis
Bei der Therapie von Periimplantitis bei All on 4 wie auch bei herkömmlichen Implantaten gilt es vor allem die Bakterien zu entfernen und die Zahnfleischtaschen zu eliminieren.
Die Bakterienkulturen sind verantwortlich für die Periimplantitis, deshalb die professionelle Entfernung der Beläge immer die Grundlage der Behandlung. Was dazu notwendig ist und welche weiteren Schritte evtl. ergriffen werden müssen, hängt von dem Stadium der Erkrankung ab.
1) Behandlung im Anfangsstadium
Im Anfangsstadium kann man Periimplantitis meist noch konservativ behandeln – das heißt, ohne chirurgischen Eingriff. Im Rahmen einer professionellen Implantatreinigung werden die Bakterienbeläge mit speziellen Instrumenten entfernt.
Dabei finden zum Beispiel Ultraschall-Instrumente oder Pulver-Wasser-Strahlgeräte Verwendung. Damit werden die Bakterien gründlich aus den Taschen, vom Zahnfleisch und vom Implantat selbst entfernt. In Zukunft können sich Keime dort außerdem schlechter ansiedeln. Diese Behandlung ist nicht schmerzhaft und dauert meist nur 45 bis 60 Minuten. Zusätzlich bekommen Sie Tipps für ihre zukünftige Zahnpflege mit auf den Weg.
Danach kann die Entzündung dann in den meisten Fällen komplikationsfrei abheilen. Dieses Verfahren ist jedoch nur bei einer beginnenden Periimplantitis erfolgversprechend.
2) Behandlung im fortgeschrittenen Stadium
Ist die Periimplantitis bereits so weit fortgeschritten, dass sich tiefe Zahnfleischtaschen gebildet haben und der Knochen abbaut, dann reicht eine einfache Entfernung der Bakterien nicht mehr aus. In diesem Fall sind zusätzliche chirurgische Maßnahmen erforderlich.
In einer kleinen OP muss das Zahnfleisch geöffnet werden, sodass man auf das Implantat schauen kann. Mit speziellen Instrumenten wird dann die Oberfläche des Implantats gesäubert und zum Beispiel mit einem Bürstchen aus Titan geglättet, sodass die Bakterien dort schlechter Halt finden. Auch entzündetes Gewebe rund um das Implantat wird entfernt. Das chemische Desinfizieren mit einer Spüllösung kann ebenfalls sinnvoll sein.
Hat sich der Knochen zurückgebildet, muss er ggf. mit Knochenersatzmaterial wieder aufgebaut werden. Der Krater im Knochen wird dazu mit dem Knochenersatzmaterial aufgefüllt und mit einer resorbierbaren Membran zugenäht. Das Material verwächst dann mit dem eigenen Knochen und stabilisiert das Implantat wieder. Nach etwa 6 Monaten sollte der Knochen wieder stark sein und die Taschen im Zahnfleisch sollten flacher werden.
In manchen Fällen ist der Knochen jedoch bereits so abgebaut, dass das Implantat entfernt werden muss. Wenn die Hälfte bis Dreiviertel des Knochens weg ist, dann macht es meist keinen Sinn mehr, das Implantat zu erhalten. Stattdessen muss das Implantat entfernt, ein Knochenaufbau durchgeführt und später ein neues Implantat gesetzt werden.
Besonders bei All on 4 Zahnersatz wäre der Verlust eines Implantats durch Periimplantitis verheerend. Wir erinnern uns: Der komplette Zahnbogen sitzt auf nur 4 oder 6 Implantaten, die jeweils untereinander verblockt sind. Geht ein einzelnes Implantat verloren, leidet somit die gesamte Konstruktion. Unter Umständen ist der Zahnersatz dann nicht mehr belastbar, weil ein entscheidender Stützpfeiler im System fehlt. Bei All on 4 ist es also noch wichtiger als bei einem Einzelimplantat, dass Sie Periimplantitis und den damit verbundenen Verlust eines Implantats unbedingt vermeiden.
Und wie machen Sie das am besten? Ganz einfach:
Periimplantitis bei All on 4 vorbeugen
Die Ursache für Periimplantitis bei All on 4 ist eine schlechte Mundhygiene. Es liegt also auf der Hand, was zu tun ist, um eine solche Entzündung der Implantate vorzubeugen: die richtige Zahnpflege ist hier das A und O.
Die gründliche Reinigung ist entscheidend, um das Zahnbett um den Zahnersatz herum frei von Entzündungen zu halten. Nur so sind die Kaufunktion und Ästhetik der neuen Zähne langfristig gewährleistet.
Die Pflege Ihrer All on 4 Implantate sollte deshalb noch akribischer erfolgen als bei den natürlichen Zähnen. Denn die Verbindung zwischen Implantat und Zahnfleisch ist nicht so lückenlos wie zwischen Zahn und Zahnfleisch. Zwischen der Zahnfleischmaske des Zahnersatzes und dem eigenen Zahnfleisch befindet sich ein schmaler Spalt, in dem sich gerne Essensreste verfangen. Bakterien und Keime können hier leicht eindringen
Darum sollten Sie auf jeden Fall …
- Mindestens zweimal pro Tag die Zähne putzen
- Die Implantatzwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalbürstchen reinigen
- Beim Zahnarzt bzw. der Zahnärztin regelmäßig professionelle Implantatreinigungen durchführen lassen
Wenn Sie regelmäßig zur Kontrolle und Reinigung Ihrer All on 4 Implantate zum Zahnarzt bzw. zur Zahnärztin gehen, können Anzeichen einer Periimplantitis frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Und zwar bevor die Entzündung auf den Knochen übergreift und die Behandlung ungleich schwieriger wird. Auf diese Weise ersparen Sie sich eine aufwendigere Periimplantitis-Therapie.
Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, wie Sie Ihren All on 4 Zahnersatz richtig pflegen, dann schauen Sie doch mal in diesem Blogartikel vorbei. Hier haben wir alle wichtigen Infos für Sie zusammengefasst.
Fazit: Periimplantitis bei All on 4
Festsitzender All on 4 Zahnersatz auf vier oder sechs Implantaten zählt bei Zahnlosigkeit zu den besten Lösungen, um endlich wieder richtig lachen und essen zu können. Doch dieses Verfahren hat auch einen kleinen Nachteil: und zwar können Sie Ihre Prothese nicht mal eben so zur Reinigung herausnehmen. Sie müssen also eine gründliche Mundhygiene betreiben, damit keine Speisereste zurückbleiben und Entzündungen auslösen.
Ansonsten kann es nämlich zu einer Periimplantitis, einer Entzündung rund um das Implantat, kommen. Behandelt man diese nicht, kann sie auf den Kieferknochen übergreifen und letztlich zum Verlust des betroffenen Implantats führen. Das bringt dann die gesamte All on 4 Konstruktion in Gefahr.
Daher sollten Sie unbedingt alle Kontrolltermine bei Ihrem Zahnarzt bzw. Ihrer Zahnärztin einhalten sowie regelmäßig eine professionelle Implantatreinigung durchführen lassen. Auf diese Weise werden mögliche Warnzeichen schnell erkannt und Sie haben Ihr Leben lang Freude an Ihren neuen, festen Zähnen!
Weitere Literatur
Allgemeine Risikofaktoren für Periimplantitis | Fachgebiete | ZMK-aktuell.de